Es geht um Poesie Schönste Texte der deutschen Romantik

Es geht um Poesie  Schönste Texte der deutschen Romantik
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Produktbeschreibung

Es geht um Poesie: In Frankfurt am Main entsteht ein Museum für die Deutsche Romantik. Die vorliegende Textsammlung ist gleichzeitig ein Brevier dieser Epoche und ein Plädoyer für das neue Museum. Keine andere Epoche wird so sehr mit Deutschland in Verbindung gebracht wie die Romantik. Das Freie Deutsche Hochstift / Frankfurter Goethe-Haus besitzt eine umfangreiche Sammlung an handschriftlichen Zeugnissen von Novalis, Eichendorff und den Geschwistern Brentano, um nur einige wichtige Vertreter zu nennen. Anne Bohnenkamp, Direktorin des Goethe-Hauses und -Museums, gibt mit den ausgewählten Texten in diesem Buch einen Einblick in den unglaublichen Reichtum der romantischen Literatur und setzt damit ein weiteres Zeichen ihres Engagements für den Bau des Deutschen Romantik-Museums, der ohne private Unterstützung nicht möglich ist. Mit dem Kauf dieses Buches spenden Sie 2 Euro für den Bau des Deutschen Romantik-Museums.
 

Klappentext zu „Es geht um Poesie“

Es geht um Poesie: In Frankfurt am Main entsteht ein Museum für die Deutsche Romantik. Die vorliegende Textsammlung ist gleichzeitig ein Brevier dieser Epoche und ein Plädoyer für das neue Museum.
Keine andere Epoche wird so sehr mit Deutschland in Verbindung gebracht wie die Romantik. Das Freie Deutsche Hochstift / Frankfurter Goethe-Haus besitzt eine umfangreiche Sammlung an handschriftlichen Zeugnissen von Novalis, Eichendorff und den Geschwistern Brentano, um nur einige wichtige Vertreter zu nennen.
Anne Bohnenkamp, Direktorin des Goethe-Hauses und Museums, gibt mit den ausgewählten Texten in diesem Buch einen Einblick in den unglaublichen Reichtum der romantischen Literatur und setzt damit ein weiteres Zeichen ihres Engagements für den Bau des Deutschen Romantik-Museums, der ohne private Unterstützung nicht möglich ist.
Mit dem Kauf dieses Buches spenden Sie 2 Euro für den Bau des Deutschen Romantik-Museums.

Lese-Probe

Es geht um Poesie. Schönste Texte der deutschen Romantik.


Wilhelm Heinrich Wackenroder
An Ludwig Tieck
(1792)

Sonnabend abends, den 5. Mai

Liebster Tieck!

Dein Brief hat mir unaussprechliches Vergnügen gemacht; ja, er hat mich wirklich bis zu Tränen gerührt. Wenn Du weißt, wie weich ich bin, wirst Du mir das glauben. Tieck, ich bin entzückt, daß Du mich so liebst! Werther sagt ganz himmlisch schön, daß er sich selber anbetete, wenn seine Geliebte ihm die Neigung ihres Herzens kund täte - und er wiederholt sich selbst einmal über das andre die Worte: Lieber Werther, in dem Tone wie sie sie ihm ausgesprochen hat.

O Tieck, ich möchte mich auch selber anbeten, wenn ein Mensch, wie Du, dessen Worte mir Orakel sind, mich so mit dem veredelten Bilde meiner selbst in Rausch und Taumel versetzt. - Und wenn ich ja in Deinen Augen etwas wert bin, wem hab' ich es anders zu danken als Dir? Dir verdank' ich alles was ich bin, alles! Was möchte aus mir geworden sein, wenn ich Dich nie kennengelernt hätte? O Tieck, lies Dir diese Worte mit Feuer vor, und sei stolz darauf, daß Du einen Menschen auf immer glücklichst machst durch Deine Freundschaft, - so stolz als ich bin, daß Du mich würdigst, mein Freund zu sein. Bleib es, lieber Tieck, bleib's; Du weißt, daß ich in alle Ewigkeit Dich über alles lieben werde.

[...]


Friedrich Schlegel und Novalis
Briefwechsel
(1793)

Novalis an Friedrich Schlegel in Leipzig
[Wittenberg, gegen den 20. August 1793]

Lieber Schlegel,

Dein Brief trifft diesmal ungemein glücklich. Ich saß so eben auf meinem Kanapee in ziemlich heller Laune und überließ mich den süßen Eingebungen der Göttin Farniente. Ein paarmal war ich schon an Dir vorbeygestrichen - da kam er - der alte Kopf vorn am Eingang erfüllte mich mit heiligem Schauer und an den Zügen der Inschrift erkannt ich den frommen Mann, der diese Blättergrotte dem Sohne der Lieblingstochter Jovis und der Nemesis der Freundschaft weihte. Erwartungsvoller stieg kein Reisender in die Wunderhöhle von Antiparos, als ich von Zeile zu Zeile in die Geheimnisse Deiner Wanderung. Umsonst - Das Orakel schweigt. Deine Augen funkeln mit überirrdischen Glanz - und Deine Stirn taucht sich ins Göttliche - ich stehe neugieriger als je vor Dir - - - Daß Du noch unter den Lebendigen bist, freut mich. Kann man Dich doch noch anfassen und fühlen Dein Fleisch und schlagen hören Dein Herz. Du trankst aus der Quelle der Durstigen - Du bist nun unersättlich. Das reißt Dich noch vielleicht aus den Banden der 4 Elemente - in denen es uns doch wohler seyn kann, als einer Intelligenz in ihrer Haut. Mich dauert Dein armes, schönes Herz. Es muß brechen, früh oder spät. Es kann nicht seine Allmacht ertragen. Deine Augen müssen dunkel werden über der schwindelnden Tiefe in die Du hinabsiehst, in die Du den bezauberten Hausrath Deines Lebens hinabstürzest. Der König von Thule, lieber Schlegel, war Dein Vorfahr. Du bist aus der Familie des Untergangs. Jezt kann ich Dirs sagen und wundre mich, daß Dirs Dein Bruder nicht sagt. Du wirst leben, wie wenig leben, aber natürlich kannst Du auch keinen gemeinen Tod sterben; Du wirst an der Ewigkeit sterben. Du bist ihr Sohn - sie ruft Dich zurück. Eine seltne Bestimmung hast Du bey Gott. Vielleicht seh ich nie wieder einen Menschen, wie Dich. Für mich bist Du der Oberpriester von Eleusis gewesen. Ich habe durch Dich Himmel und Hölle kennen gelernt - durch Dich von dem Baum des Erkenntnisses gekostet. - - -

Aber nun sag einmal, ist es denn nicht möglich, daß Du unter uns bleibst? - sind die feyerlichen Worte der Weihung schon unwiederruflich ausgesprochen? - hat Dir schon Iris die Locke abgeschnitten? - mußt Du als Opfer sterben? Ich bitte Dich, antworte Dir selbst ohne Ueberspannung. Ich habe für die Schönheit Deiner Idee unendliche Ehrfurcht; aber ich weiß auch, daß das Leben ewigschön seyn kann. Erhalte Dich, wirf Dich der Natur in die Arme, sie hat Plaz und Liebe genug für Dich. [...]

Dein Geist kann unmöglich lange mehr diesen Aufruhr Deines innern Lebens ertragen. Alles klingt tief bey Dir hinab - Deine Erscheinung lößt sich in sich selbst auf. Deine herrlichen Kräfte müssen erlahmen - Fürchtest Du Dich nicht vor dem Pflanzenleben. Ich fürchte mich nicht, aber ich erkenne hier nicht meinen noch Deinen Beruf. Kann Dich denn das Leben gar nicht fesseln? Mußt Du Deine arme Hülle zerreißen? Du verschwendest in Minuten, wovon Du jahrelang zehren könntest. Unbefriedigt wirst Du von allem zurückehren und tödtlich krank.

Ich erwarte geduldig, ob Du für gut finden wirst, mir etwas näheres von Deiner Reise zu sagen. Die gänzliche Ungewißheit hinderte mich an Dich zu schreiben. Uebrigens wußt ich auch wenig - mir gehts hier recht wohl; Ich habe alle Ursache zufrieden zu seyn und bin auch jezt in einer glücklichen Ruhe. Ich freue mich jezt über alles, aber mit meinem Schöndenken und Schreiben ists jezt vielleicht auf immer vorbey. Ich hoff es wenigstens von ganzem Herzen. Seitdem ich wieder von Leipzig zurück bin hab ich keine 10 Blätter gelesen. Dafür bin ich jezt tüchtig fleißig, und nehme Antheil an manchen frohen, gesellschaftlichen Stunden. Meine Geschwister brauchen nach dem Tode meines Vaters auch einen Vater. Diese häusliche, Familienbestimmung ist ganz die Meinige. Diese Lebensart bekommt mir, wie Bergluft. Tausendmal stärker, inniger und frischer, als sonst. Wir trennen uns, wie Abraham und Loth. Du gehst nach Aufgang der Sonne; ich den gewönlichen Weg nach Westen zu. Uns beyde aber trägt der unendliche Vater am klopfenden Herzen, wenn wir unsre Kraft brauchen, so weit es gut ist und schön, und er selber läßt uns himmlische Freyheit - Fliehe nicht aus diesem Zeitpunkt des Nordlichts und ergreife nicht in der Blüthe Deines Lebens den Hammer der Zerstörung. Mir gefällts doch hier unter dieser Sonne. Du kannsts nirgends besser finden und wenn Du glauben willst, so findest Du alles leicht, was Du suchst. Rede mir hier nichts vor von ewigen Bedürfnissen und Kraftanlagen - Deine urtheilende Idee steht mit Deiner genießenden Idee im Mißverhältniß. Glaube und dann urtheile. Treibe die Gäste aus Deinem Hause, die Dich verführen. Laß Dir das Schicksal der Semele einfallen. Du kannst doch nicht Zeus zwingen Dich zu Ganymed zu machen. Lebe wol.

Dein Freund Albert von Hardenberg.


Friedrich Schlegel an Novalis in Wittenberg
[Leipzig, Ende August 1793]

Erinnre Dich aus dem Alterthume des habsüchtigen Königes, dem man, da der Hunger ihn nagte, in silbernen Schüsseln Gold vorsetzte - oder vielmehr denke Dir einen großen Unglücklichen, feyerlich niedergeworfen vor Gott, tief flehend um zwei Thränen des Mitleids in Freundes Auge, nur um eine! - nur um eine halbe! - und plötzlich fühlt er sein Haupt von der furchtbaren Glut feuriger Ruhmens-Strahlen umgossen. Sein einsames Herz mag erstarren. -

So hast Du's mit mir gemacht: ich sehnte mich nach einem freundlichen Blick, einem Funken sanften Gefühls für mich, und statt dessen giebst Du mir - kalte Bewunderung. Verstehe mich aber doch nicht falsch: es ist sehr Vieles in Deinem Briefe ganz treffend Wahres, noch mehr Vortreffliches. Solltest Du mich auch nicht kennen und begreifen, so wahrsagst und ahndest Du doch mit ächtem Geist Gottes, der Geist des Herrn ruht auf Dir, und sein Odem fährt aus Deiner Nasen, und seine Liebe schlägt in Deinem Herzen. Du bist ein Prophet - werde nun auch immer mehr und mehr ein Mensch.

Mein Leben will ich forthin gern mit Dir theilen: dringen doch Wenige, vielleicht niemand so tief in mich ein wie Du, und ich finde mich so gerne in Dir wieder. Uebrigens aber geht es Dir wie allenthalben; Du suchst Geheimnisse in den einfachsten Dingen, übertreibst selbst Deine Vorstellungen, Du siehst tief, aber umfassest selten ein sehr großes Ganze. Lasse mich, wie ich war, bin, und seyn werde. Ich selbst bin ja nur eine Hoffnung. - Dann wirst Du vielleicht Leben wahrsagen - obschon ich meine Abstammung von dem König von Thule anerkenne.

Mein Lieber, ich trachte gar nicht nach einem großen feyerlichen Untergange, sondern nach einem ächten Leben. Ich will und werde auch nicht an einer schönen Idee sterben - in mir selbst liegt kein Keim des Todes mehr - es sind die gemeinsten Dinge, die es mir zur Pflicht machen könnten. Alles was Du längst weißt, Mangel an Geld, Zeit, Gesundheit, das Zusammentreffen dieser ungl[ücklichen] Umst[ände], thätiger Hülfe und Rath, die möglichen Folgen die Du Dir leicht denken kannst. Ich habe Dir ja so offen darüber geschrieben; daß Du auch deren Einer bist, die ich um Hülfe bitten kann (auf eigentliche Dankbarkeit mag nur keiner unter Euch rechnen). Ich werde also leben, wenn ich kann; in mir liegt kein Keim des Todes. Es ist nicht blos schön zu leben, sondern es ist Seeligkeit, Aber diese und das höchste Leben selbst können und müssen zu Zeiten den Dolch ins Herz stoßen. -

Wo Du den Hund suchst, da liegt er gar nicht begraben, nehmlich meine Reise hat nichts im Hinterhalte. [...]

Von Dir muß ich aber mehr hören. Auch das, was Du mir hier versprachst, Eröffnung über gewisse Grundsätze, und Dir eigne Denkungsart, worauf Du bey einigen Gesprächen über Hamlet und Kantische Moral hindeutetest, verlange ich von neuem. Vor allem mehr Offenheit über Deine Liebe oder über Deine Lieben. - Schön! daß Du fleißig, häuslich, zufrieden lebst und denkst! Dabei lasse ich Dich. Der Unterschied zwischen uns ist der, daß Du eine Heimath vorfindest, die die gütige Natur Dir mütterlich bildete. Deine Bestimmung ist, Deinem Hause treu zu seyn, es zu adeln und zu zieren. Ich Flüchtling habe kein Haus, ich ward ins Unendliche hinaus verstoßen (der Kain des Weltalls) und soll aus eignem Herzen und Kopfe mir eins bauen. -

Daß Du nicht liesest ist mir sehr lieb. Aber das Denken verstoße doch nicht ganz. Es ist eine herrliche Sache damit, besonders wenn man gut und schön denkt. Nur denke aus Deinem Hause heraus.

Schlegel

Dein Br[ief] war im Kopfe gleich beantwortet; ietzt ist es acht Tage später geworden. Große Arbeiten, erbärmliche Gesundheit, unsägliche Störungen, Geistes-Schwäche.

Ich bitte um die Stanzen. Daß ein Schriftsteller in mir stecken möge, dieß däucht mir, mußte von jeher ein nur mittelmäßiger Prophet auf dem ersten Blick sehen. Davon, wenn einmal was fertig. [...] Mich verlangt nach Deiner Gegenwart.


Johann Wolfgang von Goethe
Kennst du das Land?
(1795) aus: Wilhelm Meisters Lehrjahre

Kennst du das Land? wo die Citronen blühn,
Im dunkeln Laub die Gold-Orangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrthe still und hoch der Lorbeer steht.
Kennst du es wohl?

Dahin! Dahin!
Mögt ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.

Kennst du das Haus? auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, gethan?
Kennst du es wohl?

Dahin! Dahin!
Mögt ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maulthier sucht im Nebel seinen Weg,
In Hölen wohnt der Drachen alte Brut,
Es stürzt der Fels und über ihn die Fluth.
Kennst du ihn wohl?

Dahin! Dahin!
Geht unser Weg! o Vater, laß uns ziehn!


Ludwig Tieck
Waldeinsamkeit
(1796)

Waldeinsamkeit,
Die mich erfreut,
So morgen wie heut
In ewger Zeit,
O wie mich freut
Waldeinsamkeit.

Waldeinsamkeit
Wie liegst du weit!
O dich gereut
Einst mit der Zeit. -
Ach einzge Freud
Waldeinsamkeit!

Waldeinsamkeit
Mich wieder freut,
Mir geschieht kein Leid,
Hier wohnt kein Neid,
Von neuem mich freut
Waldeinsamkeit.


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