Echt easy, Frau Freitag! Das Allerneueste aus dem Schulalltag

Echt easy, Frau Freitag! Das Allerneueste aus dem Schulalltag
Produktcode: AD5406
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Produktbeschreibung

Was unternimmt Frau Freitag, wenn es ihr in der Schule zu langweilig wird? Sie nutzt die Möglichkeiten des Internets

Frau Freitags Klasse ist übertrieben lieb und brav, deshalb langweilt sich unsere Lehrerin fast zu Tode. Da hilft nur eins: mehr Privatleben und lückenlose Überwachung ehemaliger Schüler bei Facebook! Wer für sein Leben gerne chillt und sich schon immer gefrag hat, ob Lehrer auch Menschen sind, ist bei Frau Freitag voll am Start.
 

Bibliografische Angaben

2013, 256 Seiten, Maße: 12 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
Verlag: Ullstein TB
ISBN-10: 354837509X
ISBN-13: 9783548375090

Autoren-Porträt von Frau Freitag

Frau Freitag wurde 1968 geboren und wollte schon früh Lehrerin werden. Seit nunmehr zehn Jahren unterrichtet sie Englisch und Kunst. Sie lebt und arbeitet in einer Großstadt.

 

Lese-Probe

Echt easy, Frau Freitag! von Frau Freitag


»Habe ich geschnarcht?« Verwirrt tauche ich aus dem Tiefschlaf auf. Ich habe mit dem Kopf auf dem Lehrerpult gelegen. Einige Schüler starren mich an. Ich kenne sie nicht. »Wir haben jetzt eigentlich Physik bei Ihnen«, sagt einer. Anscheinend habe ich die Stunde komplett verpennt. »Habe ich geschnarcht?«, frage ich noch mal. Eine Schülerin schüttelt den Kopf.

»Auweia, wie spät ist es?«

»Halb zehn.«

Scheiße, Scheiße, Scheiße, ich sollte doch um 9 Uhr die Erstklässler abholen. »Ey, Leute, sorry, ich muss los. Bitte, bleibt hier, bis es klingelt. Ich muss echt los. Tschüs.«

Die Erstklässler, die Erstklässler ... wo sind die? Mist, Mist, Mist. Und wo bin ich hier eigentlich? Was ist das für eine komische Schule? Die kenne ich gar nicht. Wo sind die Erstklässler?

Plötzlich bin ich wach. Ich liege in meinem Bett. Schweißgebadet. Es ist 5 Uhr. Nur ein Traum. Physikunterricht, Erstklässler ... was für ein Quatsch!

Drei Stunden später kommt sie wirklich: meine neue Klasse. Achtundzwanzig neue Schüler. 7. Klasse. Mädchen und Jungen. Große und kleine. Dicke und dünne. Ich habe Namensschilder gemacht. Für die Mädchen in pink und für die Jungen in grün. Jeder nimmt sich sein Schild und setzt sich. Es ist total still. Niemand spricht. Drei Schilder bleiben übrig.

»Wir warten mal noch bis 9 Uhr.« Einige nicken schüchtern.

Plötzlich steht Fatma in der Tür. Fatma aus meiner alten Klasse. Wie eine Mutter schiebt sie ihren kleinen Bruder in den Raum. »Hallo, Frau Freitag. Das ist Yussuf«, sagt sie leise und umarmt mich. Wie groß sie aussieht und wie erwachsen. Sie will irgendwo ihren Erweiterten Hauptschulabschluss nachmachen. Wir quatschen ein wenig, dann bitte ich sie, mich mal kurz in der Klasse zu vertreten, weil ich nach den fehlenden Schülern suchen will. Im Treppenhaus denke ich plötzlich: Oh Mist, wenn sie denen jetzt lauter Quatsch erzählt? Dass man bei Frau Freitag alles machen kann oder so was. Ich finde keinen meiner vermissten Schüler. Als ich zurück in den Raum komme, steht Fatma immer noch schüchtern an der Tür. Ich entlasse sie in ihr eigenes Leben und wende mich meiner neuen Klasse zu.

Erwartungsvoll gucken die mich an. Hören mir aufmerksam zu. Ich bin völlig baff. Könnte ich sie doch nur einfrieren. So wie heute sollen sie immer sein. Sie melden sich, wenn sie etwas fragen wollen. Sie hören einander zu. Sie hören mir zu.

Ich nutze die Gunst der Stunde und knalle ihnen alles Mögliche um die Ohren: Stundenplan, Räume, AGs, Hartz4Bescheide, Passfotos, Materiallisten, Buchlisten und so weiter.

Es läuft echt super. Wenn die doch nur immer so wären ... Aber ich mache mir nichts vor - schon morgen werden sie nicht mehr so ruhig sein. Und spätestens am Freitag, wenn sie sich an der neuen Schule ein wenig eingelebt haben, werden sie zeigen, was sie draufhaben. Aber heute kann ich wirklich sagen: Das ist eine sehr nette neue Klasse, die ich da bekommen habe.

Wer ist hier der Boss?

»Frau Freitag, kann ich schreiben, also hier bei ›Was ist dein Lieblingsspruch‹ - kann ich da schreiben: ›Deine Mutter ist so dick, dass sie beim Sex ...‹«

»Nein, Anil, so was nicht.«

»Oder: ›Deine Mutter kackt, wenn sie ...‹«

»Aaaniiil, so was nicht. Und diese ›Deine Mutter‹Sprüche will ich hier überhaupt nicht hören.«

»Aber ich finde die so lustig.«

»Ich aber nicht.«

Leicht schmollend zieht Anil ab. Die Schüler sollen sich gegenseitig interviewen. Anil will immer die lustigsten Antworten geben. Er will unbedingt der Klassenclown sein. Gestern Abend habe ich mit seinem Betreuer telefoniert. Als Klassenlehrerin muss man ständig solche Gespräche führen. Anil lebt im betreuten Wohnen. Seine Mutter ist noch sehr jung und kann sich nicht genug um ihn kümmern, deshalb ist er fünf Tage in der Woche in dieser Einrichtung.

»Ja, es gefällt dem Anil sehr gut in der Schule. Er sagt, er sei der Lustigste der Klasse und er habe schon sehr viele Freunde.«

Anil ist sehr dünn und ständig in Bewegung. Eine Tasse schwarzer Kaffee. Personifiziertes Koffein. Sein Finger ist immer in der Luft. Er fragt und fragt und fragt. Allerdings passen die Fragen nie zum Thema. Anil kommt gerne in die Schule.

»Ich war schon um 7 Uhr da.«

»Aber Anil, wir fangen doch erst um 9 Uhr an.«

»Na, besser zu früh als zu spät.«

Die Jungs müssen aufs Klo. Das Klo ist während der Unterrichtszeit abgeschlossen.

»Okay, kommt, ich gehe mit euch runter und schließe euch auf.« Wie ruhig die sich hier im Treppenhaus verhalten. Aber plötzlich legt Hamid seine Hände um Anils Hals. »Hey!«, schreie ich sofort. »Hör auf damit!« Hamid weicht zurück. Ich schicke die anderen Jungs vor und nehme Anil und Hamid zur Seite. »Was war eben los?« Hamid ist ziemlich groß für seine zwölf Jahre und sehr dick. Seine Ohren stehen ab, und er hat auch schon den einen oder anderen Pickel.

»Ich lauf so, und plötzlich schubst er mich und sagt: ›Verpiss dich.‹«

»Anil? Was sagst du dazu?«

Anil stottert rum, er ist immer noch sichtlich geschockt, dass Hamid nicht gleich in die Opferrolle geschlüpft ist. »Ich bin fast gefallen, und dann wollte ich mich nur abstützen ...« Offensichtlich hat Anil sich einfach mit dem Falschen angelegt. »Okay, entschuldige dich jetzt bei Hamid.«
Sie geben sich die Hand. Der Konflikt ist so schnell geklärt, wie er entstanden ist. Wir gehen weiter zum Klo.

»Kommen Sie mit rein?«, fragt Erhan besorgt.

»Ja, ich gucke, ob ihr wirklich aufs Klo müsst.«

Ich warte vor der Tür.

Drinnen höre ich Anil: »Hamid, du bist wahrscheinlich der Stärkste in der Klasse.«

Gruppendynamik - spannender als jeder Krimi.

Chill mal dein Leben!

Sie marschieren ein. Betont gelangweilt. Soll cool wirken. Sie sind jetzt nicht mehr in der Siebten, sie sind jetzt Achte! Die Mädchen setzen sich in die letzte Reihe. Es sind nur sechs, und sie passen alle an die drei Tische vor der Wand.

Dann kommen die sechs Jungen - harmlos sehen die aus. Sie setzen sich alle in die erste Reihe. Auch für sie reichen drei Tische. Zwischen den Jungen und den Mädchen liegen jetzt vier Tischreihen. Ein komischer Anblick. So eine extreme Geschlechtertrennung habe ich noch nie erlebt. Na ja, heute lasse ich sie mal so sitzen, und in der nächsten Stunde hole ich sie mir näher ran.

Ich will mich kurz vorstellen, ihnen die Bücher austeilen und anfangen, da geht die Tür auf und zwei Typen schubsen sich gegenseitig in den Raum. Groß, laut, kichernd. Unsere Blicke treffen sich kurz. Klarer Fall: Die wollen es wissen. Die wollen wissen, wie weit sie bei mir gehen können. Ich bin bereit. Bereit, ihnen zu zeigen: nicht besonders weit.

»Nehmt bitte eure Federtaschen raus, Papier, euren Englischhefter und macht euch ein Namensschild.« Während sie kramen, lese ich die Namen vor, um ihre Anwesenheit festzuhalten. Vor allem will ich schnell wissen, wie meine beiden Herausforderer heißen: Hamsa und Emre. Sie haben sich in die zweite Reihe gesetzt. Alle Schüler schreiben ihre Namen auf Zettel. Hamsa und Emre kichern. Die beiden haben noch nicht mal einen Stift in der Hand. Auf ihren Tischen liegt: nichts.

»Ihr sollt auch ein Namensschild machen. Und ihr sollt eure Arbeitsmaterialien rausholen«, sage ich.

Sie gucken mich an und bewegen sich nicht. Grinsen.

Als ich sie nicht weiter beachte, beugen sie sich nach unten und holen in Zeitlupe, aber unter lautem Gekicher ihre Blöcke aus den Taschen.

Plötzlich schreit ein Mädchen aus der linken Ecke: »Iiih, die haben auf den Boden gespuckt!«

Hamsa und Emre gucken etwas überrascht. Sofort bin ich bei ihnen und suche nach dem nassen Indiz. Es dauert ein paar Sekunden, bis ich die Spucke sehe. Ich gehe ans Waschbecken, nehme zwei Papierhandtücher und halte sie Hamsa und Emre unter die Nase. »Aufwischen!«

»War ich nicht«, sagt Hamsa entrüstet. »Ich auch nicht!«, reiht sich Emre ein. Die Spucke ist direkt hinter ihrem Tisch. Aus der ersten Reihe wäre so eine Spuckleistung olympiareif und aus der letzten Reihe eigentlich unmöglich.

»Wir waren das nicht!«

Denken die, ich bin bescheuert? Ich stehe wortlos da und halte ihnen die Papierhandtücher hin. Nach endlosen Sekunden nimmt sich Hamsa eins und wischt damit auf dem Boden rum. Emre steht vor mir. Zu dicht. Er bewegt sich nicht. »Du nimmst deine Sachen und setzt dich da rüber!«, sage ich.

»Nein. Mach ich nicht.«

Here we go. Der Machtkampf ist kurz vorm Höhepunkt, und ich weiß, dass ich ihn gewinnen werde. »Du setzt dich jetzt da rüber!«, sage ich noch einmal.

»Chill mal dein Leben«, zischt Emre, und die Klasse hält die Luft an.
»CHILL MAL DEIN LEBEN? CHILL MAL DEIN LEBEN, sagst du zu mir?« Kurze Pause zur Betonung.

»Raus! Nimm deine Sachen und verlasse den Raum. Ich werde heute Nachmittag deine Eltern anrufen.«

Emre nimmt seine Tasche und verzieht sich in den Flur.

Chill mal dein Leben ... tzzz, wenn schon, dann doch bitte Chillen SIE mal IHR Leben.

Ich schließe die Tür und fange freundlich mit dem Unterricht an. Ab und zu gehe ich zu Hamsa und helfe ihm bei den schriftlichen Aufgaben. Die Stunde läuft wie geschmiert. Ich bin sehr zufrieden.

Nach dem Klingeln kommt Emre zu mir und entschuldigt sich. Ich sage ihm, dass ich ihn in der nächsten Stunde genau beobachten werde und dass das seine letzte Chance sei, einem Elterngespräch zu entgehen. Darauf geben wir uns die Hand.

Leider hält die Waffenruhe nicht besonders lange. Den Rest des Jahres habe ich noch viel Spaß mit ihm.

heiraten sie doch mit ihn

»Frau Freitag, gut, dass ich dich sehe. Dich hatte ich noch nicht, oder?« Frau Schwalle setzt sich im Lehrerzimmer zu mir. Sie legt eine Kollegiumsliste auf den Tisch und daneben eine leere Niveadose. »Du, die Frau Kriechbaum heiratet. Du hast noch nichts gegeben, stimmt's?«

Sie sucht nach meinem Namen. Ich lasse sie suchen, obwohl ich weiß, dass ich bisher nichts gespendet habe. Ich mag Frau Kriechbaum nicht, und ich mag auch nicht dauernd Geld für irgendetwas geben. Ich glaube, dass einige Kollegen öfter als einmal im Jahr Geburtstag haben. Jetzt fangen die jüngeren Kollegen auch noch an zu heiraten, und bald heißt es dann: »Frau Kriechbaum ist gerade Mutter geworden, wir sammeln für einen Kinderwagen.«

Ich starre auf Frau Schwalles Liste, die sie aus durchschaubaren Gründen vor mir auf den Tisch legt. Peer Pressure - funktioniert auch im Lehrerzimmer.
»Was ist nun?«, fragt sie ungeduldig. Ich nehme mein Portemonnaie raus und wühle im Kleingeldfach. Scheine habe ich nicht, und das wäre mir die Heirat von Frau Kriechbaum auch nicht wert - bin ja nicht mal eingeladen. Ich schiebe Frau Schwalle zwei Euro über den Tisch.

Nach der Schule will ich mir beim Kiosk an der UBahn Zigaretten kaufen. Ich habe aber nur noch drei Euro. Die fehlenden zwei Euro hat jetzt Frau Schwalle für Frau Kriechbaum. Toll.

Genervt steige ich in die UBahn. Ich denke über Frau Kriechbaum und Frau Schwalle nach. Plötzlich sehe ich Zainab.

Zainab war vor Jahren bei uns auf der Schule. Sie trägt ein schwarzes Kopftuch mit einer silbernen Borte. Sie ist schlank und sehr modisch gekleidet. In der Hand hält sie eine prall gefüllte H&MTüte.

»Frau Freitag! Schön Sie zu sehen! Wie geht es Ihnen?« Ich freue mich auch, Zainab zu treffen. Ich mochte ihre aufgeweckte und lebendige Art immer sehr gerne. »Zainab, hallo, ja, mir geht es gut. Aber erzähl mal von dir! Was machst du so? Wolltest du nicht an die Uni?«

»Ja, ich studiere Psychologie und Pädagogik. Macht Spaß.«

»Zainab, dann werd doch Lehrerin! Du wärst bestimmt eine super Lehrerin.«

Sie grinst. »Meinen Sie?«

Dann sehe ich wieder ihr Kopftuch: »Ach, das geht ja nicht, so mit Kopftuch, das müsstest du dann abnehmen.«

»Stimmt, geht ja nicht«, sagt sie lächelnd.

»Und Frau Freitag, wie geht es Ihnen so privat? Sind Sie noch mit Ihrem Freund zusammen?« Ich nicke. »Sind Sie immer noch nicht verheiratet?«

Ich denke: Super, jetzt geht das wieder los. Seit zehn Jahren ist der sehnlichste Wunsch aller meiner Schülerinnen, dass ich heirate. »Warum heiraten Sie nicht mit Ihren Freund?« - »Ah, Sie fahren in den Ferien nach Italien, da können Sie doch mit ihn heiraten.« Es hat mich schon unglaublich viele Worte gekostet, ihnen zu erklären, dass ich einfach nicht heiraten möchte, weil mir das nicht wichtig ist, und dass es keineswegs daran liegt, dass ich nicht weiß, WO ich meinen Freund heiraten möchte. Und nun fängt Zainab auch noch damit an. Zainab, diese aufgeklärte, moderne junge Frau, die sogar studiert. Für meine Schülerinnen scheint die Heirat das einzige oder zumindest das größte Ziel im Leben zu sein. Nicht zu heiraten können sie sich überhaupt nicht vorstellen.

© Ullstein TB (Verlag)